Wichtige Projektergebnisse Kamerun: Stärkung der Jugendstrafgerichts-barkeit und Schutz vor Ausbeutung 

Ergebnisse der externen Abschlussevaluierung des Projekts

Unser Projekt mit ALDEPA zur Stärkung des Systems der Jugendstrafgerichtsbarkeit und Schaffung eines wirksamen und nachhaltigen Kinderschutzes im äußersten Norden Kameruns (2016 bis 2019) wurde zum Projektabschluss extern evaluiert. Es folgt die Zusammenfassung der Evaluierung:

 

Die NRO ALDEPA arbeitet seit ihrer Gründung 1998 für die Förderung der Grundrechte von Kindern in der Region Äußerster Norden in Kamerun, wo sich die Frage des Kinderschutzes mit Nachdruck stellt. Ob in Familien, auf der Straße oder ohne stabile familiäre Verhältnisse, viele Kinder werden verhaftet und verhört oder landen gar im Gefängnis, aufgrund von Anschuldigungen, die nicht immer ein strafbares Delikt darstellen.

 

Vor Beginn dieses Projekts, das mit Kofinanzierung von BMZ, Kinderrechte Afrika e. V. und ALDEPA realisiert wurde, nahmen Familien, Gemeinden und Autoritäten den Schutz von Kindern auf der Straße oder in ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen nicht ernst.

 

Das Projekt verstärkte den Schutz dieser Kinder und bewirkte, dass in der Jugendstrafgerichtsbarkeit die Kinderrechte respektiert und das Kindeswohl in Betracht gezogen werden. Über einen Zeitraum von vier Jahren, hat es zahlreiche quantitative und qualitative Ergebnisse hervorgebracht, die viele Veränderungen bei den begleiteten Kindern, ihren Familien, Gemeindestrukturen und dezentralen staatlichen Diensten ermöglicht haben.

 

Zu den bedeutendsten Ergebnissen zählen:

  • 492 Akteure der Jugendstrafgerichtsbarkeit in den drei Departments des Projekts sind geschult und wenden die Prinzipien des Kinderschutzes im Einklang mit den internationalen und nationalen Instrumenten der Justiz an, damit nunmehr das Kindeswohl bei Entscheidungen im Vordergrund steht. Das Projekt sah ursprünglich lediglich die Zusammenarbeit von 397 Akteuren vor.
  • 1465 Kinder wurden rechtlich begleitet. Von 1324 Kindern konnten die Akten bearbeitet und angemessene Leistungen für sie in Abhängigkeit ihrer spezifischen Situation bereitgestellt werden.
  • 1678 von 1896 gefährdeten oder ausgebeuteten Kindern haben sich rehabilitiert und stabilisiert in ihren Familien und Gemeinden.
  • 628 Kinder, die in Konflikt mit dem Gesetz geraten sind, konnten eine Haftalternative erhalten oder, wenn die Vorwürfe gegen sie sich als unzureichend herausstellten, wurden diese fallen gelassen.
  • 84 Kleinkinder, die an der Seite ihrer Mütter in den drei vom Projekt begleiteten Gefängnissen aufwachsen, wurden gefördert und begleitet.
  • 38 Kinder, die sich seit über 2 Jahren in Haft befanden, ohne dass ihre Schuld für den Terrorismus nachgewiesen wurde, wurden durch ein Habeas-Corpus-Verfahren, das ALDEPA und das Netzwerk von Akteuren der Jugendstrafgerichtsbarkeit der Region Diamaré verfolgten, freigelassen.
  • Insgesamt wurden 3445 Kinder und Jugendliche individuell begleitet (3680 vorgesehen, 94%). 

Das Projekt wurde sehr dankbar von den Vertreter(inne)n Zielgruppen angenommen, die an der Evaluierung beteiligt waren. In den drei Departments der Projektregion haben direkte und indirekte Zielgruppen den großen Zugewinn bestätigt, sowohl im Bereich des Kinderschutzes, als auch in der nun systematischen Anwendung der spezifischen Gesetzestexte und der bewährten Vorgehensweisen für den Bereich der Jugendstrafgerichtsbarkeit.

 

Es ist ebenfalls wichtig zu betonen, dass aufgrund der Ergebnisse der vergangenen vier Jahre, die Teilnehmenden der Evaluierung sich stark dafür aussprachen, dass die Ergebnisse [über eine Fortführung der Aktivitäten] verstetigt werden und als Vorbild für andere Orte und Gefängnisse der Region Äußerster Norden dienen.

« Ich bin stolz auf den Beruf, den ich gewählt habe. »

Der 17-jährige Paul* hat 1½ Jahre im Gefängnis verbracht. Für seine berufliche Eingliederung hat er sich entschieden, das Schneiderhandwerk zu erlernen. Im Rahmen unseres Projekts mit ALDEPA konnte ihm eine Lehrstelle bei Herrn Oumarou vermittelt werden.

 

ALDEPA organisiert jedes Jahr im Jugendtrakt des Gefängnisses eine „Berufsmesse“, sodass inhaftierte Jugendliche eine Vorstellung erhalten, welche Berufsmöglichkeiten es gibt. Herr Oumarou hat das unterstützt und das Schneiderhandwerk vorgestellt. Sein Lehrjunge Paul wollte daran gern teilnehmen und so bereiteten sie die Präsentation gemeinsam vor.

 

Als die beiden im Gefängnis ankamen, waren alle erstaunt, Paul neben den Ausbildern zu sehen. Die Blicke der Gefängnisaufseher waren mit Respekt und Wertschätzung erfüllt. Pauls frühere Kameraden aus dem Gefängnis waren zunächst überrascht, dann respektvoll und schließlich stellten sie ihm viele Fragen: Wie er es geschafft hätte, einen solchen Erfolg zu haben und was er verdiene. Das war Pauls Gelegenheit, ihnen von seinem Weg in die Selbstständigkeit zu berichten.

Herr Oumarou ließ Paul auch einige praktische Fertigkeiten vorführen. Dafür erntete er den Beifall der anderen und zwei stellten auch technische Fragen, die Paul zunächst beantwortete bevor Herr Oumarou etwas ergänzte. Man sah in den glücklichen Augen Pauls eine Zufriedenheit und Stolz, etwas Außergewöhnliches geschafft zu haben.

 

*Name geändert

Juristischer Erfolg in Kamerun: Freispruch für insg. 24 Kinder

Im äußersten Norden des Landes werden immer wieder Kinder von Terrorgruppen zwangsrekrutiert und für Anschläge missbraucht. Minderjährige, die im Verdacht stehen, Kontakt zu Terrorgruppen zu haben, landen in den Gefängnissen der Region. Meist willkürlich verhaftet, findet das Jugendstrafrecht, dessen Einführung vor Ort schwer erkämpft werden musste, keine Anwendung. Die Minderjährigen werden ohne gerichtlichen Prozess monate- bzw. jahrelang festgehalten.

 

Unser kamerunischer Partner ALDEPA hat lokale Akteure der Justiz mobilisiert, die für diese Kinder und Jugendlichen Rechtsbeistand organisiert und einen Haftprüfungsantrag gestellt haben. Ende März wurde erstmals ein Freispruch für 23 Minderjährige erreicht, die sich seit 2014 und 2015 im Gefängnis von Maroua befanden. Dies ist für die aktuelle sicherheitspolitische Situation in der Region ein herausragender juristischer Erfolg.

 

Fünf Tage später wurden zunächst die kamerunischen Kinder aus der Haft entlassen. Kinder aus Nigeria sollten von der Polizei in ihr Land zurückgeführt werden. Doch dort sind sie der Gefahr ausgesetzt, als Kriminelle gesehen, abermals verhaftet und schlecht behandelt zu werden. Daher setzte sich ALDEPA dafür ein, dass diese Kinder in Kamerun bleiben können. Mit Unterstützung lokalen Vertretungen von UNICEF und UNHCR, konnte durchgesetzt werden, dass diese Kinder zunächst im Land bleiben.

 

Die 23 aus der Haft entlassenen Kinder wurden einer staatlichen Sozialeinrichtung in Maroua überstellt und sollen nun nach und nach in ihre Familien re-integriert werden. Sie haben materielle Unterstützung für ihre Wiedereingliederung, v. a. Kleidung und Hygieneprodukte, erhalten. ALDEPA führte mit ihnen einen Workshop zur zivilgesellschaftlichen Teilhabe, Friedensprozessen und dem Zusammenleben in der Gemeinschaft durch. Die Projektmitarbeiterinnen erarbeiten zudem mit den Kindern ihre Zukunftsvorstellungen und -perspektiven.

 

Ein weiteres Kind konnte am 12. April in Mokolo aus der Haft entlassen werden.

 

Nach der Entlassung wurde die Familienrecherche intensiviert, denn während der Haft durften Terrorverdächtige keine Besuche erhalten. Selbst die Eltern der ausländischen Kinder leben inzwischen in Kamerun, z. T. in den Flüchtlingslagern an der Grenze zu Nigeria.

 

Zur psychosozialen Betreuung der Jugendlichen stellte das Sozialministerium der Einrichtung, in der die Kinder nach ihrer Entlassung zunächst aufgenommen wurden, 4 zusätzliche Sozialarbeiter(innen) zur Verfügung. ALDEPAs Suche nach den Familien war erfolgreich, sodass – bis auf 2 nigerianische Jugendliche – alle bis 10. Mai zu ihre Familien zurückkehren können, selbst in schwer erreichbaren Gebieten. Das Sozialministerium unterstützte die Wiedereingliederung auf administrativer Seite, während ALDEPA die Familien auf die Rückkehr der Kinder vorbereitete.

Titelbild: 2 kleine Mädchen, die an der Seite ihrer Mütter im Gefängnis aufwachsen können nun eine Vorschule außerhalb der Gefängnismauern besuchen. © ALDEPA

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