Projektnews 'Kinder und Jugendliche als Friedensakteure in Nordkamerun'

Februar 2019: Der interkulturelle Austausch eröffnet neue Perspektiven des Zusammenlebens und der partizipativen ländlichen Entwicklung

Hamadou, Mitglied eines von ALDEPA gegründeten und geschulten interreligiösen Forums für den Frieden (CIRAP) und Teilnehmer an den verschiedenen Projektaktivitäten, berichtet:

 

"Das Treffen mit ALDEPA hat meine Perspektive auf viele Dinge im Leben sehr verändert. Kurz, es hat mein Leben verändert. Ich komme aus einer sehr gläubigen muslimischen Familie. Die Prinzipien und Grundsätze unserer Religion werden von meinen Eltern streng respektiert. So wurden wir aufgezogen. Wir sind 7 Kinder, 3 Mädchen und 4 Jungen, und wir glauben alle sehr stark an diese Prinzipien. Eine Sache, die wir aus dieser Erziehung mitgenommen haben, ist, Beziehungen zu Kindern anderer Religionen zu meiden, denn die führen oft ein Leben, das ganz im Gegensatz zu unserer Religion steht. Auch wurde uns streng verboten, Orte anderer Gottesdienste, wie Kirchen oder Kapellen zu besuchen. Das wurde als Sünde gesehen. Während ich in der Schule war – bis in die Oberstufe – hatte ich nie Freunde, die nicht muslimisch waren.

 

Aber ALDEPA hat mir geholfen, viele Dinge zu verstehen. Der Andere, der nicht genauso betet, wie ich, ist nicht unbedingt ein Sündiger. Alle Religionen sind wertvoll. Jeder von uns hat die Pflicht, die Religion des Anderen zu respektieren. Das ist, was ich als Lebensmaxime behalte und was ich Anderen erkläre. Mein Besuch in einer katholischen Kirche hat mich sehr bewegt. Bei früheren Treffen unserer Gruppe zum interreligiösen Dialog hatte ich mich immer geweigert, hineinzugehen. Aber es hat nicht weh getan. Der Imam hat mir vorher versichert, dass es keine Sünde sei. Im Gespräch mit dem Priester habe ich dann viele Dinge verstanden, von denen ich vorher gar nichts wusste.

 

Während des Ferienlagers – einer anderen von ALDEPA organisierten Aktivität – habe ich mein Zimmer mit einem Christen geteilt! Das ist wunderbar. Ich hätte nie gedacht, dass ich das eines Tages tun könnte. Und während der Schulungen habe ich das Essen mit einem Nicht-Muslim geteilt. Es ist fast unglaublich. Aber ich mache das inzwischen beinahe ohne es zu merken.

 

Wenn ich das jetzt so sage, könnte man denken, dass es unbedeutend ist. Aber ich versichere euch, dass es für mich eine bedeutsame Wendung in meinem Leben war. Vier grundlegende Werte – Offenheit, Akzeptanz, Kenntnis des Anderen und Respekt – das ist, was ich meinen Kindern beibringen werde!"

 

 

Katke, Mitglied einer interkutlurellen Vereinigung zur Förderung des Friedens und des Zusammenlebens, engagiert sich für die Entwicklung in seiner Gemeinde.

 

"Ich möchte ALDEPA meine Dankbarkeit ausdrücken. Es ist fast unmöglich, zu beschreiben, was diese Organisation mir erlaubt hat zu kennen und zu machen.

 

Wir wurden zu einer Schulung eingeladen, wie es üblich ist. Es ging um die bürgerliche Kontrolle der öffentlichen Maßnahmen. Das waren für uns nur große Worte. Also fragten wir uns, was uns wohl erwartet.

 

Erst zum Ende der Veranstaltung hin, verstand ich, dass ich als Bürger das Recht habe, die Aktionen der Führungspersonen in meiner Gemeinde zu verfolgen, zu kontrollieren, zu beraten und zu begleiten. Und ich habe mich direkt angesprochen gefühlt – aber mit vielen Zweifeln über die Machbarkeit.

 

Ich habe mich angesprochen gefühlt, weil sich meine Gemeinde in einer schier hoffnungslosen Situation befindet. Wir hatten das große Glück, dass uns ein Finanzgeber einen Brunnen mit einer solarbetriebenen Pumpe bezahlte, die unser Dorf versorgen sollte, denn wir leiden seit Jahren unter extremem Wassermangel. Für unser gesamtes Dorf galt dieser Brunnen als Geschenk des Himmels. Er versprach das Leiden und die vielen Krankheiten zu beenden. Nachdem die Arbeiten beendet waren, kam aus dem Brunnen jedoch kein Tropfen Wasser. Der Unternehmer hatte die Verantwortung, die Wartung der Anlage noch bis ein Jahr nach Fertigstellung zu sichern, aber niemand ging auf ihn zu. Die Zeit verging und wir wussten nicht, was wir tun könnten. Denn in unserer Tradition obliegt es den Autoritäten, darüber zu sprechen. Wir kleinen Bauern, wir haben keine Stimme. Also warteten wir und warteten, bis die Garantie des Unternehmers abgelaufen war.

 

Und so gibt uns diese Schulung nun Hoffnung für ein ganzes Dorf. Das Team von ALDEPA hat mir geholfen, das Vorgehen zu verstehen. So habe ich die Bevölkerung mobilisiert – dabei hat der [traditionelle] Dorfchef geholfen – und wir haben diskutiert. Als ich ihnen aber sagte, dass wir an den Bürgermeister schreiben würden, wollten sie sich zurückziehen und keine Verantwortung übernehmen. Weil das eine Autorität ist! Aber so wie das Vorgehen voranschritt, sind mehrere zurückgekehrt. Heute verfolgt das ganze Dorf den Prozess gebannt und jedes Wochenende werde ich nach Neuigkeiten dazu gefragt. Und wir haben vor, bis zum damaligen Finanzgeber vorzugehen, bis wir eine zuverlässige Lösung gefunden haben."

 

 

Ein traditioneller Würdenträger aus Maroua erklärt:

 

"Glückwunsch, ALDEPA! Diese Initiative ist eine grandiose Möglichkeit für meine Gemeinde, sich zu treffen, auszutauschen und zur Entwicklung beizutragen. … Wir tauschen uns aus, wie es um unsere Gemeinde bestellt ist und entwickeln gemeinsam Strategien, wie wir sie angenehmer und lebenswerter gestalten können."

(Verwendungszweck Projekt Kamerun, Kinder als Friedensakteure)

November 2018: Der interkulturelle Zusammenhalt in den Dörfern wächst

Aus Kamerun berichtet Elisabeth Munsch, Projektreferentin von Kinderrechte Afrika e. V.:

 

„Im äußersten Norden Kameruns, der von terroristischen Anschlägen gezeichnet ist, hatte unser Partner ALDEPA eine großartige Idee, um das friedliche Zusammenleben in den Dörfern zu fördern: Jeden Monat versammelt sich die Dorfgemeinschaft unter einem Baum, um über ein Thema zu diskutieren, das sie gerade betrifft. Zum Beispiel, über die Erziehung der Kinder, über die Familie als Fundament für den Dialog oder über eine gewaltfreie Erziehung in der Familie.

Unter dem Baum sind alle versammelt, Junge, Alte, Männer, Frauen, Kinder. Sie sitzen auf Matten oder mitgebrachten Stühlen. Die religiösen Führungspersonen – katholische, protestantische, muslimische und anderer Religionen – erklären nacheinander, was die heiligen Schriften zu diesem Thema sagen. Danach wird diskutiert.

Die Teilnehmenden haben erkannt, dass die heiligen Schriften, egal welcher Religion, die gleichen Verhaltensweisen befürworten. Diese Erkenntnis hat das Leben in den Dörfern verändert: Familien, die zuvor nicht miteinander sprachen, weil sie einer anderen Glaubensgemeinschaft angehörten, haben begonnen, sich zu grüßen, miteinander zu sprechen und ihre Kinder spielen zusammen. Das Vertrauen wächst.

Diese Initiative ist ein Beispiel, das uns zu denken gibt: und wenn wir ebenso vorgehen würden, statt uns mit Misstrauen zu begegnen?“

Juli 2018: "Bei der interkulturellen Verständigung hat sich viel getan"

Unser Projekt zur Förderung von Frieden und Stabilität durch Kinder- und Jugendgruppen zeigt Wirkung!

In den Dörfern des Projektgebiets konnte ein Dialog zwischen den Religionen und zwischen den Generationen angestoßen und aufgebaut werden. Dabei haben sich die Grundeinstellungen seit Projektbeginn Anfang 2017 stark verändert. Christen sehen ihre muslimischen Nachbarn nicht mehr als Terroristen und Muslime bezeichnen Christen nicht mehr als Ungläubige. Das gegenseitige Misstrauen nimmt ab und der soziale Zusammenhalt ist insgesamt stärker. Zuvor begrüßte man sich nicht zwischen Angehörigen verschiedener Glaubensrichtungen. Man sprach nicht miteinander. Inzwischen setzen sich Muslime und Christen an einen Tisch und essen sogar gemeinsam. Das war zu Projektbeginn undenkbar.

 

Auch Grundbesitzkonflikte konnten gelöst werden: Zuvor beanspruchten Muslime, die in der Region die Mehrheit bilden, das Land für sich. Auch den Brunnen sperrten sie zu ihren Gebetszeiten ab, sodass kein anderer ihn nutzen konnte. Diese Praktiken sind nun beendet.

In den Dörfern finden regelmäßige Versammlungen unter Leitung des Dorfchefs oder der interreligiösen Vereinigungen statt. In diesen Treffen besprechen die Bewohner(innen) – aller Altersklassen und Religionen – gemeinsame Probleme, wie den Schulbesuch der Mädchen oder die Trinkwasserversorgung des Dorfes.

Auch die Kinder treffen sich wöchentlich, um sich auszutauschen, gemeinsam zu singen und zu tanzen.

Den Bewohner(inne)n ist bewusst geworden, wie wichtig der Frieden für ihre Familie, die Gemeinde und die Nachbardörfer ist. Und sie setzen sich dafür ein, diesen Frieden zu erhalten, zu schützen und zu verteidigen. Einzelne Gruppen (Kulturvereine, interreligiöse Clubs, Jugendgruppen, ...) haben sich gegründet. Sie überlegen, was getan werden muss, um das Gemeindeleben zu verbessern. Eine Jugendgruppe hat begonnen, die Straßen zu markieren und Bäume zu pflanzen, die sie bis zum Beginn der Regenzeit regelmäßig gossen.

 

Unsere Projektverantwortliche sprach mit einigen Jugendgruppen und interreligiösen Vereinigungen, die das Projekt angestoßen hat. Ein Junge berichtet:

„Für uns Muslime waren Christen Sklaven. Und so behandelten wir sie auch. Ihre Kinder durften nicht Fußball spielen, sondern sollten sich um das Material kümmern und die Trikots waschen. Es gab Prügeltage, an denen Christen verprügelt wurden. Donnerstags. Wir verweigerten es, ein Zimmer an einen Nicht-Muslimen zu vermieten.

All das gibt es in unserem Dorf nicht mehr. Seit einem Jahr führt unser interreligiöser Club Aktionen durch, um ein Verständnis zwischen den Religionen zu wecken. Wir spielen gemeinsam Fußball, auch Verprügelungen gibt es nicht mehr und meine Familie hat eine Wohnung an eine Christin vermietet.

Mit unserer Toleranz-Initiative haben wir viel riskiert, aber heute sehen wir, dass wir gewonnen haben.“

 

Eines der Mitglieder führte damals die Verprügelungen an. Er fügt hinzu:

„Ich habe drauf los geschlagen, wir wussten nicht einmal, wofür. Wir waren so erzogen worden. Wenn ich daran heute denke, schäme ich mich dafür, was ich getan habe. Um zwischen Menschen verschiedener Religionen ins Gespräch zu kommen, brauchte es viel Zeit. Und viel Geduld.“

 

Begleitung des Projektstarts Anfang 2017

Zum Projektstart traf sich Elisabeth Munsch mit unserem Partner ALDEPA im Äußersten Norden Kameruns, um gemeinsam den Beginn unseres neuen Projektes zu organisieren.

 

Dieses Projekt, dass Frieden und Stabilität in der kamerunischen Region Äußerster Norden fördern soll und Kinder und Jugendliche dabei als zentrale Akteure einbindet, ist für beide Organisationen eine neue Herausforderung.

 

Im Einzelnen geht es darum,

  • indigene und lokal angepasste Formen des friedlichen Dialoges zwischen Religionen, Kulturen und Generationen zu stärken, um Frieden und Stabilität in den Gemeinden zu fördern
  • jugendliches Engagement für eine verantwortungsvolle Teilhabe an der Gesellschaft zu fördern
  • die politische Mitsprache Jugendlicher zu unterstützen und auszubauen für einen stärkeren Einfluss der jungen Generation auf das politische Geschehen

 

Unsere Projektverantwortliche Elisabeth Munsch und das Team von ALDEPA trafen sich in Maroua, um

  • die Aktionsstrategien im Detail zu planen, um die Erfolgschancen zu erhöhen
  • Vorbereitungen zu treffen für die partizipative Situationsanalyse, in der die Probleme und Bedürfnisse der Gemeinden in Bezug auf das Zusammenleben in verschiedenen Kulturen, Generationen und Religionen sowie die Hemmnisse für jugendliche Mitsprache genau bestimmt werden können
  • die verschiedenen Arbeitsvorlagen zur Erhebung der für das Projekt notwendigen Ausgangsdaten zu erarbeiten.

Spendenkonto:

Sparkasse Offenburg/Ortenau

Kinderrechte Afrika e. V.

BIC: SOLADES1OFG

IBAN:

DE69 6645 0050 0076 0040 44

Kinderrechte Afrika e. V.

Schillerstraße 16

D-77933 Lahr

 

Tel.: 07821/38855

Fax: 07821/985755

info[at]kinderrechte-afrika.org

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