In unseren Projektländern werden viele Kinder geboren, die nach ihrer Geburt nicht staatlich registriert werden und somit keine Geburtsurkunde erhalten. Neben einem fehlenden Bewusstsein für die Wichtigkeit von Geburtsurkunden, ist für viele Familien der Weg zur nächsten Registrierungsstelle mit Kosten oder hohem Aufwand verbunden (z. B. 1 Tagesmarsch zu Fuß). Infolgedessen wird vor allem in ländlichen Gebieten eine große Anzahl an Kindern nie registriert und wächst ohne Geburtsurkunde, also Identitätspapiere auf.
Eine Geburtsurkunde ist jedoch notwendig, um z. B. eine Sekundarschule zu besuchen (in einigen Ländern sogar für die Grundschule), an Prüfungen teilzunehmen, eine Ausbildung aufzunehmen oder einen Personalausweis zu erhalten. Sie ist also essentiell für die Bildungs- und Zukunftschancen der Kinder. Eine Geburtsurkunde dient zudem als Altersnachweis, um Kinder vor Frühverheiratung und wirtschaftlicher Ausbeutung zu schützen. Kinder auf der Straße, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten, können z. B. ohne Geburtsurkunde ihre Minderjährigkeit nicht nachweisen. Daher kommt es leider häufig vor, dass Kinder gemeinsam mit Erwachsenen inhaftiert werden, von denen sie erneut ausgenutzt, misshandelt und erniedrigt werden. (Wir haben in der Vergangenheit mehrere Projekte zugunsten von Kindern auf der Straße und in Gefängnissen durchgeführt, u. a. in Kamerun und Togo.) Ein wichtiger Aspekt ist auch die Aufnahme ins Wählerverzeichnis für die eine Geburtsurkunde benötigt wird und durch die erst die politische Teilhabe und Demokratie ermöglicht werden.
Laut UN-Kinderrechtskonvention und der Afrikanischen Charta für die Rechte und das Wohlergehen des Kindes hat jedes Kind ein Recht auf Namen, Identität und Staatsangehörigkeit, die meist zunächst in einer Geburtsurkunde und später in den Identitätspapieren dokumentiert werden.
Kurz nach der Geburt, d. h. im Rahmen der Registrierungsfrist ausgestellte Geburtsurkunden kosten oft weniger als 1€ (in einigen Ländern sogar kostenlos) und sind somit für fast alle Familien bezahlbar. Wird dies allerdings versäumt, so ist die nachträgliche Altersfeststellung mit Gerichtskosten von ca. 8-14€ pro Kind verbunden, die für viele Eltern eine Herausforderung darstellen. Daher unterstützen wir mit unseren Projektpartnern die nachträgliche Ausstellung von Geburtsurkunden und fördern ein Bewusstsein bei Eltern, Gemeindemitgliedern, Führungspersonen und Gesundheitspersonal für die frühzeitige Registrierung der Kinder direkt nach ihrer Geburt.
In Ghana hat unser Partner PAORP-VWC eine Kampagne zur Ausstellung von Geburtsurkunden für Kinder durchgeführt und half den Eltern beim Ausfüllen der Antragspapiere. Hierfür reisten die Mitarbeitenden auch in die Dörfer, um die Hürden für die Familien möglichst gering zu halten.
Mali: Über die Bedeutung von Geburtsurkunden spricht unser Partner GRADEM mit Kindern und Eltern in zahlreichen Gemeinden. Auch hier registrieren viele Eltern ihre Kinder nicht bei der Geburt. Später wird es jedoch schwieriger und teurer, nachträgliche Identitätspapiere auszustellen.
Eine Kinderzeichnung aus Mali trägt den Titel: "Recht auf einen Namen, Vornamen und Nationalität." Die Zeichnungen der Kinder wurden später digitalisiert und in ein Handbuch zu Kinderrechten in lokalen Sprachen aufgenommen.